Das „Vergaberecht“ genannte Recht des Einkaufs der öffentlichen Hand hat sich von einem Rechtskomplex, für den sich noch in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts allenfalls Oberamtsräte interessierten und den sowohl die juristische Wissenschaft wie die anwaltliche Praxis mit Nichtachtung strafte, zu einem veritablen Rechtsgebiet entwickelt, auf dem sich die Anwälte drängeln und Wissenschaftler tummeln.
Dementsprechend hat die wissenschaftliche Literatur zum „Vergaberecht“ in den letzten zwölf Jahren ein dramatisches Wachstum erlebt. Von ein paar wenigen Kommentaren zur VOL und zur VOB im Jahre 1998 ist sie mittlerweile zu einer Bibliothek angewachsen. Lehr- und Handbücher, Kommentare zum GWB-Vergaberecht und zu den verschiedensten untergesetzlichen Regelwerken, Monographien und Aufsätze füllen ganze Regale. Eine interessante Reihe in diesem Zusammenhang gibt der Beck Verlag mit seiner gelben Reihe heraus. Sie begann mit dem glänzenden Kommentar von Bechtold zum GWB der das GWB-Vergaberecht als erster kommentierte, und endet – vorläufig – mit einem neuen Handkommentar zur Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen Teil A (VOL/A).
Die Hamburger Rechtsanwälte Dr. Martin Dieckmann LL. M., Dr. Jan Peter Scharf und Kersten Wagner-Cardenal geben ihn heraus. Auf rund 700 Seiten beschreiben sie gemeinsam mit den Rechtsanwaltskollegen Dierkes, Dr. Ingerowski, Dr. Laumann, Dr. Petersen und Schellscheidt die Regeln der beiden Abschnitte der Vergabe- und Vertragsordnung. Es handelt sich um eine präzise und umfassende Darstellung der VOL/A mit Schwerpunkt auf dem 2. Abschnitt mit den so genannten EU-Regeln, deren Rechtsgeltung auf den Gesetzesbefehl des § 97 VI GWB iVm. § 4 Vergabeverordnung (VgV) zurückgeht. Die aktuelle Rechtsprechung sowohl des EuGH als auch des BGH und der deutschen Oberlandesgerichte ist berücksichtigt. Die vielfältige Literatur ist präzise aufgenommen, so dass der Handkommentar für jeden Praktiker eine sinnvolle Ergänzung zu den beiden marktbestimmenden Kommentaren von Müller-Wredeund von Kulatz/Marx/Portz/Prieß sowie den Darstellungen der VOL/A in den in jüngster Zeit üblich gewordenen Gesamtkommentaren des Vergaberechtes darstellt.
Bedauerlicherweise führen auch Dieckmann/Scharf/Wagner-Cardenal die vielfach zu beobachtende, aus meiner Sicht falsche Praxis fort, bei jeder Vorschrift danach zu fragen, ob sie über „bieterschützenden Charakter“ verfügt und selbstverständlich kommen sie im 2. Abschnitt bei fast allen Vorschriften zu dem Ergebnis, dass dieser „bieterschützende“ Charakter vorliegt. Es wäre auch ein (logisches) Wunder, wenn dem nicht so wäre. Denn die Geltungskraft aller Regeln des Abschnitts 2 fließt aus (s.o.) GWB und VgV. Für sie alle gilt die Regel des § 97 VII GWB: „Die Unternehmen haben Anspruch darauf, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält.“ Wo gibt es hier eine Lücke, die auch nur die Frage zulässt, ob eine Regel keinen „bieterschützenden Charakter“ hat? Hier wird generell eine materiell-rechtliche Frage mit der prozessrechtlichen Frage des Rechtsschutzinteresses verwechselt.
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Die Rezension wurde der NVwZ – Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2014, Heft 8, entnommen.
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